Aus dem Leben einer Fonduegabel

Ich glaube es war so Mitte Oktober. Der erste Schnee war schon gefallen, als mich einer entdeckt hat, da hinten im Kämmerchen. Total eingestaubt war ich. Lag ja auch schon hier seit dem vergangenen Sommer. In der warmen Jahreszeit ignorieren mich die Menschen. Die grillen lieber auf der Terrasse oder essen frisch gefangenen Fisch. Aber ich nehme ihnen das nicht übel.

Wo waren wir? Ach ja genau: Auf jeden Fall war es das erste Mal nach einem schönen milden Herbst. Es war kalt geworden und die Menschen dachten, stopp da war doch was! Ja, genau – Fondue wäre mal wieder der Hammer. Doch wo haben wir denn die Utensilien verstaut? Lange mussten sie nicht suchen, denn so weit weg war ich nicht. Zuerst bekam ich eine heiße Dusche. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie genial sich das angefühlt hat. Einfach der Hammer! Frisch geduscht wurde ich dann auf Hochglanz poliert und in eine weiche Box mit frischen Servietten gelegt.

Oh, was passiert denn jetzt, fragte ich mich dann. Ich wurde in den Bus gepackt, ich ging auf Reisen … Wow, ich war doch schon ewig hier – und nur hier – gewesen, seit ich mich erinnern kann und jetzt durfte ich reisen? Aufregend! Nach einer kurzen Fahrt wurde ich liebevoll aus dem Auto getragen und in eine Bar gebracht. Ich hörte coole Musik und das Licht war anders als ich es kannte, es machte Spaß. Die Stimmung war gut und ich sah überall glückliche Gesichter. Ich glaube, sie sagten die Bar hieße „Memories“ ob die wohl auch so viele Erinnerungen hat, wie ich sie in meinem Leben habe?

Nach einiger Zeit, ich hörte sie reden über eine Bierverkostung, wurde ich auf den gedeckten Tisch gelegt. Neben mir meine Zwillingsschwester, vor mir unser Fonduetopf.  Wir waren sehr aufgeregt, denn gleich ging unsere Saison los und das bedeutete, dass wir viel zu tun haben würden. Es wurde lauter, die Gäste kamen rein, sie nahmen Platz, lobten das Ambiente, es war wirklich wundervoll. Sie bekamen erklärt wie das so geht mit uns, sie waren wirklich sehr interessiert und so stieg bei uns weiter die Vorfreude. Dann endlich sah ich wie der Fonduetopf mit selbstgemachter Brühe gefüllt und das Feuer angezündet wurde. Lange konnte es jetzt nicht mehr dauern….

Wow, bestes Fleisch wurde gereicht! So wie ich es sehen konnte waren Rind, Schwein und Putenfleisch dabei, aber auch reichlich Gemüse wie Brokkoli, Blumenkohl und Champignons. Auch leckere Saucen, ich glaube 3 an der Zahl – könnten aber auch 4 gewesen sein. Aber ist auch egal, denn jetzt nahm mich der Gast in die Hand und ich konnte das Weiche des Fleisches spüren. Und da war sie wieder: meine Liebe – die Fleischeslust, oh wie habe ich dich vermisst. Zärtlich gab sie mich in die heiße Brühe und ich erlebte wie das Fleisch langsam gar wurde. Ein Traum! Nach einiger Zeit führte sie mich wieder heraus und streifte das Fleisch respektvoll auf den Teller. Hier sah ich noch kurz wie sie das Fleisch sanft in den Mund führte und in ihren Augen erkannte ich, dass es mehr als nur Genuss war, es war pures Verlangen. Nach mehr.

Ja, die Fonduesaison kann beginnen. Ich bin bereit!